«Güsel schmerzt bis ins Mark»

Die Trainkeeperin Denise Kohler muss nicht lange überlegen. «Am schlimmsten? – Am schlimmsten war es eindeutig beim Open Air Wohlen. Sie können sich nicht vorstellen, wie unsere Bahnwagen aussahen. Überall lag Güsel herum, dazu Erbrochenes, ausgeleertes Bier. Schlimm. Alles war klebrig, matschig, und zu allem Elend hatte es noch geregnet. Nein, ich sage Ihnen … So was schmerzt bis ins Mark!» Sie erzählt lebhaft und anschaulich. «Ich arbeite seit 17 Jahren im Reinigungsdienst der BDWM, zwölf davon als Leiterin Reinigung. Ich liebe meine Arbeit. Es macht mir Freude, wenn ich alles zum Glänzen bringen kann.»

«Hand aufs Herz, Frau Kohler, wie ist es denn beim Bremgartner Weihnachtsmarkt? Da transportiert die BDWM ganze Heerscharen von Passagieren.» – «Es ist eine ganz andere Klientel. Kann sein, dass etwas mehr Abfall einzusammeln ist. Aber damit hat sichs auch schon. Keine Spur von Glühwein-Gesabber. Vielleicht liegt es an der Oh-du-fröhliche-Stimmung.»

«Allerdings ergibt sich im Winter ein anderes Problem. Viele Fahrgäste tragen an den Schuhsohlen trotz Schmutzschleusen Streusalz in die Bahnwagen, und dieses verhält sich recht aggressiv und verwandelt den Bodenbelag buchstäblich in Schleifpapier. Da müssen wir sofort putzen.»

Frühe Tagwache
Morgens vier Uhr. Es ist noch stockdunkel und kühl. Kaum jemand unterwegs. Die Parkplätze beim Bahnhof Bremgarten sind allesamt frei. Die Menschen schlafen noch. Alle? – Nein, Denise Kohler ist längst auf den Beinen. Sie beginnt ihren Dienst üblicherweise um drei Uhr! Tagwache um zwei Uhr. Meistens ist sie vorher wach, denn verschlafen möchte sie auf keinen Fall.

Da steht sie und erwartet mich bei der Remise. Sie ist nicht allein. Zwei Männer sind ebenfalls mit Reinigungsarbeiten beschäftigt. Der eine eher im Aussenbereich; der andere, Christian Hofer, putzt schon seit langen Jahren die Bahnwagen der BDWM. Ich folge ihm durch den ganzen Wagen. Mit einem Sprühmittel und einem Lappen bewaffnet, nimmt er sich die Tischchen vor. Zisch, schwupp, schwupp, fertig. Das nächste. Der Mann hat ein atemraubendes Tempo drauf. Ihm zuzuschauen, macht Angst. Nie und nimmer könnte ich auch nur annähernd mithalten. Ich bleibe mal stehen und halte mich fest. Ehrlich: Ich werde schon müde vom Zuschauen.

Schon steht Hofer mit dem Staubsauger da. Tausend und tausend Mal hat er den Fussboden sauber gemacht. Er weiss, wie jedes Hindernis zu umfahren ist. Ich hole den Fotoapparat aus der Tasche. Zwar sind die Wagenlampen eingeschaltet, aber der Mann bewegt sich zu schnell, das Licht ist zu schummrig; die Bilder werden völlig unscharf. «Herr Hofer, bitte schauen sie schnell in die Kamera.» Er mag diese Art Störungen nicht sonderlich. Denise Kohler bittet ihn eindringlich, sich einen Moment dem Unvermeidlichen zu stellen. Zack, Pose – und schon gehts weiter. Die Zeit drängt. Längst ist er ein paar Abteile weiter vorn, und schon entschwindet er im nächsten Wagen. Wie Lucky Luke im Filmabspann. Zwölf Zugskompositionen sind zu reinigen. Da wird nicht getrödelt!

Christian Hofer, putzt schon seit langen Jahren die Bahnwagen der BDWM
Die BDWM gilt als das sauberste öffentliche Verkehrsmittel des Aargaus

Staubsaugen geht wie der Blitz. Schon entschwindet Christian Hofer aus dem Blickfeld

Denise Kohler, Leiterin Reinigung bei der BDWM

In wenigen Minuten verlässt der erste Morgenzug – blitzblank gereinigt – den Bahnhof Bremgarten

«Zugaben»
Um fünf Uhr startet der Fahrbetrieb. Bereits um acht Uhr kehren einzelne Züge ins Depot zurück. Nun darf es das Reinigungsteam etwas gemächlicher angehen. Aber auch kompletter: Tischchen reinigen, Abfalleimer leeren, staubsaugen, den Boden aufnehmen – wie schon in den frühen Morgenstunden. «Jetzt saugen wir zusätzlich noch die Sitze, waschen die Rückenlehnen und die Zwischenwände und putzen die Fenster. Zum Glück sind wir so gut wie nie mit Vandalenakten konfrontiert. Eine Sprayerei an einer Haltestelle ist das Einzige, woran ich mich erinnern kann.»

«Das ist ja ein gerütteltes Mass an Arbeit.» – «Es ist noch längst nicht alles. Wir reinigen die Büros, die öffentlichen Anlagen auf den Stationen und die WCs. Am Nachmittag fahren wir mit und leeren die Abfalleimer in den Haltestellen. Den ganzen Abfall trennen wir in Pet, Alu, Glas und Papier.»

Die Gedanken wieder bei den Zügen, ergänzt sie: «Von Zeit zu Zeit nehmen wir uns die Hutablagen vor, und wir reinigen die Böden unter den Sitzen.»

Anerkennung
«Frau Kohler, hören Sie auch mal ein anerkennendes Wort?» – «Ja, einzelne Fahrgäste nicken uns freundlich zu. Andere bedanken sich sogar. Natürlich freuen wir uns auch über ein Dankeschön unserer Vorgesetzten.

Der Kaffee ist getrunken. Draussen ist es noch immer dunkel. Denise Kohler ziehts nun auch zu den Zügen. Ein Handschlag, ein freundlicher Gruss. Ich fahre nach Hause und gönne mir hemmungslos noch eine Mütze Schlaf.

*

Die BDWM gilt als das sauberste öffentliche Verkehrsmittel des Aargaus. Ihre Zugskompositionen sind seit 2009 im Fahrbetrieb, und sie sehen aus wie neu.

Die BDWM unterhält einen regelmässigen Fahrdienst von Bremgarten nach Dietikon und nach Wohlen mit Anschluss an die Buslinie Wohlen-Meisterschwanden. Sie bietet aber auch Genuss- und Nostalgiefahrten auf ihrem Streckennetz an. Egal wann und wie und wo – die Züge der BDWM sind blitzsauber. Denise Kohler und ihrem Team sei Dank!

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