Präzisionslok ohne Dampf

Wie bitte? Das Hightech-Unternehmen produziert eine Modelleisenbahn? Steigt die Firma Amsler & Frey AG etwa in die Spielzeugproduktion ein? Nichts gegen Spielzeuge, aber sieht die Höchstpräzionsfirma tatsächlich dort ihre Zukunft?

Werkstattleiter Marcel Heiniger hat das vielleicht 40 Zentimeter lange Modell einer Dampflokomotive mitgebracht. Er hatte die Idee dazu, und er hat auch die technischen Pläne gezeichnet. Der Hintergrund für diese Arbeit steht nicht in den Auftragsbüchern von Amsler & Frey. Es ist die Prüfungsaufgabe für einen Lehrling im Abschlussjahr. Er bekommt die Pläne vorgelegt, ebenso das benötigte Rohmaterial. Und nun darf er zeigen, wozu er nach vier Lehrjahren fähig ist. Die Maschine einrichten, Drehen, Fräsen, alles zusammenbauen.

Präzise muss es sein
Wenn die Toleranzen nicht eingehalten werden, wenn die Maschinen auch nur um Nuancen falsch eingestellt sind, lässt sich die Lokomotive nicht zusammensetzen, oder sie fällt auseinander. Marcel Heiniger setzt klare Regeln: «Wir beurteilen das Vorgehen, die Genauigkeit und den ästhetischen Eindruck des fertigen Werkstücks.»

Wie bei jedem Auftrag erstellen die Konstrukteure eine CAD-Zeichnung, ein dreidimensionales Volumenmodell, das sich auf dem Computer-Bildschirm drehen, wenden und von allen Seiten betrachten lässt. Aufgrund der exakten Messdaten programmiert der Prüfling die Fräsmaschine für jedes einzelne Bestandteil des Dampflok-Modells. Das Führerhaus, den Tender, den Radkasten, die Räder, die Schubstange, den Kessel, den Schlot, die Dome, die Puffer …

Für jedes Einzelteil der Dampflok – hier ein grosses Rad – schreibt eine technische Zeichnung die Masse vor, auf Hundertstel genau!

Das fertige Dampflokmodell. Der Kessel ist nicht mit Wasser, sondern mit edlerem «Brennstoff» gefüllt

Was im fertigen Modell kaum auffällt, ist besonders anspruchsvoll. So befinden sich auf der Oberseite des Kessels eingefräste Vertiefungen, um den Schlot und die Dome genau einzupassen. Die Frontabdeckung des Kessels klemmt dank einer eingefrästen Nut fest. Wenn die Abdeckung zu stark klemmt, lässt sie sich nicht mehr öffnen. Lose darf sie aber keinesfalls sein. Ferner muss der Prüfling die drei Rohstoffe Plexiglas, Polyacetal und PVC farblich aufeinander abstimmen und sie sachgemäss verkleben.

Treibstoff aus dem Rebberg
An Motivation fehlt es nicht. Ein besonders engagierter Betreuer des Prüflings geht in Pension. Die Dampflok ist als Geschenk an ihn gedacht. Der Clou: Der Kessel der Lokomotive lässt sich vorne öffnen, sofern er präzis gearbeitet ist, so dass sich ins Innenleben der Lok eine Weinflasche schieben lässt. So ausgerüstet, überbringt das Modell die Botschaft aus dem Hause Amsler & Frey: «Zur Pensionierung wünschen wir Dir weiterhin viel Dampf und beste Gesundheit.»

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Die Firma Amsler & Frey AG konstruiert anspruchsvolle, hoch präzise Teile aus Kunststoff. Einzelteile und ganze Serien. Sie montiert Kunststoff-Baugruppen und handelt mit Halbfabrikaten aus Kunststoff. Die Kunden gehören zu den unterschiedlichsten Branchen: Maschinen- und Apparatebau, Medizinaltechnik, Lebensmittelindustrie, Elektrotechnik, Messwesen, Energieversorgung, öffentliche Betriebe wie Hochschulen, Bundes- und Forschungsstellen u. a. Alle sind sie darauf angewiesen, dass bei Amsler & Frey absolut exakt gearbeitet wird. So wie es von den Lehrlingen bei der LAP gefordert wird, zum Beispiel beim Bau eines Dampflok-Modells.

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