560 Tonnen Material im Tour-Gewühl?

Wussten Sie, dass die Lenzburger Leitungsbau-Firma Lebag AG im Wallis beinahe die Tour de France torpediert hätte? – Ein Augenschein vor Ort.

Am Tag, als die Welt in diesem Walliser Seitental wegen der Tour de France Kopf stand, besuchten wir die Standorte, wo die Firma Lebag ihr Material für eine neue Hochspannungsleitung lagert. Wir wollten uns selber ein Bild machen von dem ursprünglich vorgesehenen Lagerplatz für all die Einzelteile von Hochspannungsmasten. Bei der Auftragsvergabe hatte die Swissgrid der Firma Lebag einige Lagerplätze zugewiesen, die an sich schon äusserst knapp bemessen waren, sich aber angesichts der bevorstehenden Durchfahrt der Tour de France mit all dem Menschenauflauf als völlig unhaltbar erweisen sollten. Rechtzeitig war das Lebag-Team unter Geschäftsleiter Daniel Stutz darauf aufmerksam geworden und hatte sich um einen Ausweichplatz bemüht. – Und ja, unsern Besuch wollten wir genau an diesem Tag machen, am 20. Juli, als die 17. Etappe der Tour de France von Bern über den Col de Mosses nach Martigny führte und von dort hinauf zur Staumauer des Lac d’Emosson.

Kopfvoran in den Abgrund
Erste Station ist die Gemeinde Salvan, vielleicht vier Kilometer nordwestlich von Martigny, über eine recht abenteuerliche Strasse zu erreichen. Hier hat sich die Arbeitsgemeinschaft, die für die neue Hochspannungsleitung verantwortlich zeichnet, ihren Werkhof eingerichtet. Wir sind früh dran: Die Mastmonteure stehen auf dem Platz und warten auf den Helikopter. Kräftige, sonnengebräunte Männer sind es. Unerschrocken und vor allem schwindelfrei müssen sie sein. Ihre Arbeitsorte sind zu Fuss kaum erreichbar oder nur mit einem unverhältnismässigen Zeitaufwand. Dort erklettern sie die Skelette der Masten, steigen auf 20, 30 und mehr Meter über dem Boden hoch und noch viel höher über dem Abgrund. Hier montieren und schrauben sie, unbeeindruckt von den Tiefen um sie herum. Sie tragen zwar alle einen Helm, und sie sind gesichert. Aber trotzdem …

Auf dem Werkplatz sind Hunderte von Einzelteilen gelagert, die für den Bau der Masten notwendig sind. Tarngrün beschichtete Metallteile, die meisten zu einem stabilisierenden L-Profil geformt. Kleine und grosse, lange und kürzere. Daneben ergänzendes Kleinmaterial in Kisten: Schrauben, Unterlagsscheiben, Rollen, handgrosse Verbindungsplatten mit vorgebohrten Löchern für die Schrauben. Dann allerlei Gerätschaften, die für die Montage gebraucht werden, und da, seitlich, eine ganze Anzahl Kabelrollen mit den noch aufgewickelten Leitungsseilen. Die Teile sind nicht einfach möglichst platzsparend aufgetürmt. Die Lagerung muss einer Logik entsprechen: Was zuerst gebraucht wird, muss problemlos greifbar sein.

Der Heli nähert sich, macht eine halsbrecherische Kurve und setzt zur Landung an. Die Männer steigen ein, und weg gehts, kopfvoran in die steile Talschlucht hinunter. Keine Umwege; Zeit ist Geld!

Die hochgehende Ürke hat das Fundament des Betonmasts unterspült; es kam in der Folge zu Rutschen

Das Hochwasser hatte viele Rutschungen ausgelöst
In flacheren Uferpartien sind die Spuren des Hochwassers unübersehbar
Betonmasten tragen die Leitung in Uerkheim
Als Provisorium haben die Lebag-Leute den umgestürzten Betonmast durch ein «Joch» oder «Tor» ersetzt

Das Joch ist unter anderem durch einen tonnenschweren Betonklotz gesichert

Zusätzlich ist das Joch durch mehrere Verankerungen gesichert

Warnschilder am Joch

 

Camping am Strassenrand
Zweite Station: Die Gemeinde Trient unweit des Stausees. Unterwegs zeigt uns Daniel Stutz die ursprünglich vorgesehenen Lagerplätze. Sie sind flächenmässig an der untersten Grenze dessen, was überhaupt noch vorstellbar wäre. Heute sind sie aber vollständig belegt von Tour-Fans mit ihren Fahrzeugen, meist Campern. Auch Zelte sind da aufgebaut. Offensichtlich haben die Leute hier übernachtet. Und Picknicktischchen und Fahnenmasten und Spieltische und alles, was zu einem gemütlichen Happening gehört. Camping total am Strassenrand!

Bevor wir uns den Randerscheinungen der Tour de France zuwenden, steht ein Abstecher zu zwei, drei Mastpositionen an. Zu denen gelangen wir auch ohne Heli. Nahe bei einem Waldweg, aber doch noch in sehr steilem Gelände haben Tiefbauer die Fundamente und die Verankerungen vorbereitet. Auch die unterste, individuell gestaltete Mast-«Etage» ist bereits aufgebaut. Nun kann der Aufbau weiter vorangetrieben werden. Es ist Präzisionsarbeit, die hier geleistet wird, zwingend. Sonst ist die ganze Mast-Statik im Eimer.

Im Abseits
In Trient angekommen, fahren wir zu einer etwas abseits gelegenen, lang gezogenen, gemähten Wiese: dem alternativen Lagerplatz. Schon von weitem erkennen wir das Lebag-Material. Es nimmt viel Raum ein, denn auch hier unterliegt alles einer strengen Logik. Jedem Mast ist ein eigener, in sich wiederum streng geordneter Lagerplatz zugewiesen. Zusätzlich ist ein Freiraum für die Vormontage einzelner Elemente reserviert, die dort oben, auf luftigem Arbeitsplatz, kaum oder gar nicht zusammenzufügen wären.

Einige Männer sind am Abladen, am Stapeln, am Vormontieren. Ein Mitarbeiter mahnt uns: «Nicht darauf klettern! Bitte passen Sie auf.» Zum Glück liegt all das nicht am Rande des Tour-Parcours. Die Ausflügler, die Hard-Core-Fans, sie hätten sich ganz bestimmt die besten Aussichtsplätze auf den Stapeln gesichert, Unfallhaftung hin oder her.

«So, und nun führen wir uns die Tour de France zu Gemüte», sagt Daniel Stutz nach einer Weile. Noch ein Schluck aus der Flasche, dann folgt des Abenteuers zweiter Teil. – Doch das ist dann eine andere Geschichte.

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1 Kommentar

  1. Veröffentlicht von Käser Alfred am 24. Juli 2016 um 22:05

    Sehr interessanter, flüssig geschriebener und gut bebilderter Bericht.