Gnadenlose Attacke aufs Gras

Das Finale der UEFA Europa-League. Der FC Liverpool mit Trainer Jürgen Klopp trifft auf den Titelverteidiger FC Sevilla. Das äusserst animiert ausgetragene Spiel endet mit einem 1:3-Erfolg für die Spanier. Bravo! Die Fans im Basler «Joggeli» sind begeistert.

Bereits im Oktober des Vorjahres war eine UEFA-Delegation aufgetaucht und hatte den Rasen begutachtet. Für Marc Studach eine Reifeprüfung. Er ist Head Greenkeeper des FC Basel 1893. «Die da kamen, waren Engländer. Ausgerechnet Engländer! Die würden sicher jedes einzelne Gräschen begutachten; ich war auf alles gefasst.» Doch es kam anders. Die Herrschaften wollten eine ausgestochene Rasenprobe sehen. Dabei ging es ihnen um die Länge der Wurzeln. Grosses Aufatmen: «Sie waren zufrieden, sagten, das sei eine super Sache.» Ansporn für Studach und seine Leute! Sie unternahmen alles, um bis zum Finaltag einen tadellosen Rasen hinzubekommen. «Ich würde sagen, wir erreichten 99 von 100 Punkten. Mindestens!»

Ein Schlachtfeld
Und dann betreten 22 Spieler und der schwedische Schiedsrichter das Feld, in der festen Absicht, den Wunderrasen kein bisschen zu schonen, ihn mit ihren stollenbewehrten Schuhen gnadenlos zu bearbeiten, bei brüsken Richtungswechseln oder Stopps Narben aufzureissen, vor dem Tor alles umzupflügen und den Luxusrasen, dieses Resultat monatelanger Arbeit, obendrein zu bespucken und zu beschnudern!

Bei wichtigen Matchs kann Studach kaum hinschauen. Was er mit Herzblut, Können und Erfahrung aufgebaut hat, verwandeln die Herren Fussballprofis in 90 Minuten in ein mittleres Schlachtfeld. «Ich kann nicht hinschauen. Lieber verfolge ich die Spiele am Fernsehen. Da haften die Kameras an den strammen Spielerwadli, am Torjubel von Ronaldo oder generell an den Protagonisten; sie schonen meine verwundete Seele. Und doch sehe ich, wie besonders die kräftigen Spieler meinen Rasen malträtieren – da könnte ich manchmal heulen. Aber was solls – das ist mein tägliches Brot.»

36–20–55–7200
Für das Verlegen eines neuen Rasens steht nur ein ungünstig schmales Zeitfenster offen. «Ideal wäre der Oktober, wenn die Tage schon etwas kühler sind und im Winter Zeit bleibt für einen robusten Wurzelaustrieb. Aber das geht bei uns nicht. Mitten im Spielbetrieb den Rasen austauschen? Wo denken Sie hin!» Es muss also im Hochsommer sein, wenn der Spielbetrieb ruht.

Ein Jahr im Voraus macht sich Studach auf den Weg nach Deutschland und in die Niederlande, denn nur dort findet er die nötige Rasenqualität. Er checkt genau jene Rasensoden ab, die er im Folgejahr in Basel erwartet. Wenn der Zeitpunkt gekommen ist, machen sich 36 Lastwagen(!) mit Rasenrollen auf den Weg, jeder mit etwa 300 m2 Rasenfläche beladen.

Was jetzt folgt, ist eine Generalstabsübung: Den alten Rasen herausschälen, die Unterlage auf fünf Millimeter genau planieren, vorsorglich düngen, die Lastwagen einen nach dem andern entladen, den Rollrasen sofort verlegen, belüften, giessen. Etwa 20 Mann sind zwei Tage lang an der Arbeit, und das bei 50–55° Celsius im Stadionkessel! Danach sehen die 7200 m2 Spielfläche wieder aus «wie gschläcket». Theoretisch wäre der Rasen sofort benutzbar, aber wenn immer möglich, erhält er bei intensiver Pflege noch zwei, drei Wochen Schonzeit. Und die Kosten? «Eine Viertelmillion!»

Der Rasenteppich im «Joggeli»

 

Der Rasenteppich im «Joggeli»

Marc Studach, Head Greenkeeper beim FC Basel
Das Emblem des FC Basel auf Kunstrasen

Perfektion bei Spielbetrieb
Richtig strub wirds, wenn im «Joggeli» während der Sommerpause Konzerte stattfinden. Schwerlastplatten machen das Stadion dann für LKWs befahrbar. Zum Schaden des Rasens, der darunter förmlich erstickt. «Aber solche Events haben wie der Sport Priorität. Wir müssen uns danach richten.» Kurz darauf geht der Spielbetrieb wieder los. «Dann wollen wirs wieder perfekt haben. Auch für die Fernsehkameras kommt nichts anderes als Grün infrage. Braune Flecken im Fünfer – das geht gar nicht!»

Das grösste und schönste
Herr Studach, woher nehmen Sie bei solchen Tatsachen bloss Ihre Motivation? Sie geben sich die grösste Mühe, ideale Zustände zu schaffen, die danach innert kürzester Zeit aufs Gröbste misshandelt werden. – «Ich suche nach immer neuen Methoden, das Wurzelwachstum zu fördern und die Scherfestigkeit zu erhöhen. Das macht mir Freude. Zudem erledige ich mit meinem Team noch zahlreiche andere Arbeiten. Ich bin stolz, im grössten Stadion der Schweiz zu arbeiten.» Mit einem Augenzwinkern: «Und natürlich im schönsten.»

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Die Firma Gartenbau Wyder AG verlegt auf Wunsch ihrer Kunden ebenfalls Rollrasen. Nicht so aufwändig wie im Basler «Joggeli», auch nicht in vergleichbaren Dimensionen. Aber ebenso professionell.

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