Nur bitte keine Lunker!

«Ich bin nur dann top, wenn meine Geschäftspartner es auch sind», sagt Claude Werder, Inhaber und Geschäftsführer der Firma Werder Feinwerktechnik in Veltheim. «Einer unserer Zulieferer ist die Firma Wizol in Sarmenstorf.»

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Philippe Widmer öffnet den Durchgang vom Bürotrakt zur Werkstatt. «Bitte treten Sie ein.» Konzentriertes Arbeiten. Jeder an seinem Platz, fokussiert auf seine Maschine, auf sein Werkstück, auf seinen Arbeitsvorgang. Grosse, kräftige Männer, freundliche Gesichter. Es ist warm – logisch! Wir sind ja in einer Giesserei. Der Geschäftsführer der Wizol geht voran.

Die Mitarbeiter wissen, worauf es ankommt. Die meisten sind seit langen Jahren bei Wizol tätig. Mit einer Kelle schöpft der Giesser flüssiges Aluminium, rund 720 Grad heiss, hellsilbrig glänzend. Er lässt es in den Gussformen, den sogenannten Kokillen, versickern. Da ist eine ruhige Hand gefragt, ein gleichmässiger Ausguss. Die Art und Weise des Giessens beeinflusst die Temperatur, das Abkalten des Aluminiums. Und dies wiederum hat Auswirkungen auf das Resultat des Gusses. Gelassenheit statt Hektik!

Der Giesser stellt sich neben seine Gerätschaften. Er tut nichts, wartet einfach. Ein Timer sagt ihm ganz genau, wann sich das Aluminium genügend verfestigt hat. Ohne zeitliche Präzision wären die Gussstücke mit individuellen Abweichungen behaftet. «Vorsicht! Nicht berühren! Man sieht es ihm nicht an, aber das Aluminium ist immer noch enorm heiss.» Mit einer Zange löst er den fertigen Guss aus der Kokille und legt ihn behutsam zur Seite.

Erst wenn sich das Metall abgekühlt hat, kommt der Guss in die Verputzerei. Hier ist mechanische Handarbeit angesagt: sägen, feilen, schleifen, richten. Jedes einzelne Stück bekommt hier einen Feinschliff verpasst. Der Anguss, durch den das flüssige Aluminium eingefüllt wurde, muss weg. Oftmals entstehen beim Giessen auch feinste Stäbchen und Plättchen («Gräte» oder umgangssprachlich «Federn» genannt), manche nur einen Millimeter lang. Sie verfälschen den optischen Eindruck und stellen eine Beeinträchtigung, sogar eine Verletzungsgefahr bei der weiteren Verarbeitung dar.

Ein Guss ist kein Emmentaler!
«Herr Widmer, Hand aufs Herz, wie steht es mit Lunkern?» Lunker sind Hohlräume, die beim Abkühlen des Metalls entstehen. Wenn die Schmelze erstarrt, reduziert sich ihr Volumen. Fliesst dann nicht zusätzliches Metall nach, kommt es zu Lunkern unterschiedlichster Grösse, von kaum erkennbaren Rissen bis hin zu murmelgrossen «Löchern», einige mit glatter Innenfläche, andere mit kristallinen Formen. «Mit der Konstruktion von möglichst funktionalen Gussformen reduzieren wir die Gefahr von Lunkerbildung. Es ist deshalb von Vorteil, wenn uns der Kunde bei jedem Auftrag so früh wie möglich zuzieht, also schon während der Planungsphase. Je besser wir verstehen, welche Funktion dem betreffenden Werkstück später zugedacht ist, desto gezielter gelingt die Anfertigung der Gussformen. Trotzdem untersuchen wir vor allem den ersten Guss eines jeden Auftrags sehr genau. Dazu setzen wir ein Röntgengerät ein. Wir wollen die Gewissheit haben, dass unsere Güsse frei von Lunkern sind.»

Widmer relativiert seine Aussagen und erklärt: «Selbstverständlich kommt es auf die spätere Funktion des Gussteils an. Handelt es sich um eine simple Abdeckung, ist es irrelevant, ob ein kleiner Lunker im Innern des Gusses entstanden ist. Ganz anders sieht es aus, wenn die betreffenden Teile weiter verarbeitet werden. Nehmen wir an, dass die Firma Werder Feinwerktechnik in einen von uns gegossenen Maschinenteil ein Gewinde schneidet und dabei auf einen Lunker trifft – dann ist die ganze Mühe für die Katze.» Erst recht keine Lunker dürfen bei sicherheitsrelevanten Teilen auftreten, zum Beispiel bei Haken für Bergsteiger.

Blick in eine Gussofen; das flüssige Aluminium hat eine Temperatur von gegen 750 Grad Celsius

Komplexe Gussteile aus Aluminium

Lüftergehäuse aus Aluminium

Das Aluminium wird in Barren angeliefert
Das flüssige Aluminium wird in eine Gussform gefüllt

Nach kurzer Zeit ist das Metall erstarrt; es kann mit einer Zange aus der Form gelöst werden

Es geht bei diesem Auftrag nur um die beiden «Arme» des «Ankers»; der «Stiel» hat nur gusstechnische Funktion, er wird später wieder eingeschmolzen

Blick in eine der Wizol-Werkhallen

Philippe Widmer, Geschäftsleiter Wizol

Nichts für Hobbyköche!
Widmer kommt auf die Zusammensetzung der Schmelzmasse zu sprechen. Himmel, das ist ja eine Wissenschaft! Wer  sich vorstellt, da würden einfach Aluminiumbarren in einen Schmelztiegel gebracht, liegt ganz falsch. Acht bis elf Prozent beigefügtes Silizium haben Auswirkungen auf den Erstarrungsprozess. Und bitte noch etwas Magnesium – wie im Rezeptbuch! Regelmässige Spektralanalysen geben Auskunft über die Zusammensetzung der Legierung, denn diese verändert sich im Verlauf von längeren Gussverfahren. Bei Wizol fertigt man Stückzahlen bis zu 15’000 Einheiten an!

Philippe Widmer fasst zusammen: «Wir schmelzen, giessen und verputzen. Für uns macht es keinen Sinn, teure Bearbeitungsmaschinen anzuschaffen, um die gegossenen Teile noch weiter zu behandeln. Bohren, fräsen, Gewinde einbringen – dazu fehlt uns ohnehin das notwendige Know-how, und wir könnten die Maschinen niemals auslasten. Die Firma Werder ist in dieser Beziehung hervorragend aufgestellt. Und die Qualitätsansprüche unserer Firmen entsprechen sich. Ausserdem kennen wir gegenseitig unsere Zuverlässigkeit, wenn es um die Einhaltung von Terminen geht. Auf diesem Fundament ruht unsere Zusammenarbeit – zum beidseitigen Nutzen.»

Das bestätigt Claude Werder mit Nachdruck: «Die Zusammenarbeit mit regionalen und nationalen Partnern bietet für alle Beteiligten noch weitere erhebliche Vorteile. Wir sprechen die gleiche (Fach-)Sprache; dank geografischer Nähe sind wir leicht erreichbar, und in dringenden Fällen sind wir bereit für ‚Feuerwehrübungen’. Daraus erwächst unseren Kunden ein bedeutender Mehrwert, den Produzenten und Lieferanten zum Beispiel aus China oder andern fernöstlichen Ländern nicht bieten können.»

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