Tschernobyl als Denkanstoss

26. April 1986: Im ukrainischen Atomkraftwerk Tschernobyl explodiert ein Reaktorblock. Gewaltige radioaktive Strahlungsmengen machen ganze Landstriche unbewohnbar. Viele europäische Länder sind betroffen. Tierherden müssen geschlachtet, Gemüsekulturen vernichtet werden. Gegen 4000 Menschen sterben an den Folgen der Katastrophe.

In vielen Ländern Europas machte man sich damals ernsthafte Gedanken über die Risiken der Atomkraft. Auch in der Schweiz. Die Volksinitiative «Stopp dem Atomkraftwerkbau» (Moratorium) erzielte 1990 eine klare Ja-Mehrheit; dem Ausstieg aus der Atomenergie erteilten die Stimmbürger hingegen eine Abfuhr.

Die Vorgänge beeinflussten das Denken eines jungen Mannes. Urs Neuenschwander vertiefte sich in die Materie und kam zum Schluss: «Der Atomausstieg ist möglich. Photovoltaik auf dem Dach; WKK-Anlagen im Keller.» Wärme und Kraft aus eigener Produktion – home made! – und dies bei einem Wirkungsgrad von 90 Prozent und mehr. Ein Vielfaches besser als bei Atomkraftwerken, die zwei Drittel der erzeugten Energiemenge in die Umwelt verpuffen.

Urs Neuenschwander ist seit 16 Jahren Leiter Marketing und Vertrieb bei Energie Thun AG und Mitglied der Geschäftsleitung. Er beschönigt nichts: «Nach wenigen Jahren verabschiedete sich Tschernobyl aus dem kollektiven Bewusstsein. Die Umsetzung alternativer Gedanken verlief mehr als schleppend. Kaum jemand interessierte sich für Photovoltaik, und bei WKK-Anlagen sieht es noch ernüchternder aus.»

Weckruf
Aber manchmal ergibt sich unversehens ein Wendepunkt. So geschehen bei der Photovoltaik. 25 Jahre nach Tschernobyl knallte es in Fukushima. Auf einen Schlag war der Atomausstieg wieder ein salonfähiges Diskussionsthema. Und die Photovoltaik erlebte einen wahren Hipe. In Deutschland dank massiver staatlicher Zuschüsse noch mehr als bei uns.

«Machen wir uns nichts vor: Eine Photovoltaik-Anlage auf dem Dach zu haben, gilt als chic. Die WKK-Heizung im Keller dagegen bleibt unsichtbar. Daraus resultiert kein Prestigegewinn. Allerdings löst die Photovoltaik allein das Problem nicht. Sie vermag den Energiebedarf im Winter und in der Nacht nicht zu decken. Als Ergänzung drängt sich ein WKK-System geradezu auf.»

Schlafende Prinzessin
Das WKK-Modell wartet weiterhin darauf, wachgeküsst zu werden. «Im Geschäftskreis von Energie Thun sind es gerade mal fünf Anlagen. Das ist schon ernüchternd.» Was in der Theorie einleuchtet, findet erst wenig Anklang. Woran liegt das? «Der Idealismus stösst an seine Grenzen, wenn es ums Portmonee geht. Eine WKK-Anlage ist teurer als eine konventionelle Heizung, und gleichzeitig sind die Stromkosten im Keller.»

Dem begegnet Energie Thun AG mit einem einmaligen Investitionsbeitrag und einem attraktiven Preis für die Stromrücklieferung.

Perpetuum mobile in Thun
Dann wäre da noch das Thema Gas. Eine WKK-Anlage verbrennt Gas. Erdgas ist kein erneuerbarer Brennstoff – vorläufig. Doch das Angebot an erneuerbarem Biogas steigt stetig. Kläranlagen und Landwirtschaftsbetriebe widmen diesem Aspekt mehr und mehr Aufmerksamkeit. Damit macht die WKK-Idee noch mehr Sinn. Energie Thun AG kommt hier eine Vorreiterrolle zu. Unter dem Titel «Der Thuner Energiekreislauf» schreibt das Unternehmen: «Das neue Biogas aus Thun stammt aus der ARA Thunersee, die das Abwasser von 36 Gemeinden der Region aufbereitet. Aus Klärschlamm entsteht Biogas. Damit schliesst sich ein Kreislauf: Thuner Haushalte beziehen erneuerbare und klimafreundliche Energie, die aus dem eigenen Abwasser gewonnen wird.» Beim Erzählen blüht Neuenschwander auf: «Das war für mich ein grosser Aufsteller.» Die neue Biogas-Aufbereitungsanlage speist das Gas ins Erdgasnetz der Energie Thun AG ein. Ein faszinierender Gedanke: Biogas zum Heizen, Kochen und Autofahren! Wie auch zur dezentralen Stromerzeugung mit einem Blockheizkraftwerk.

Neuenschwander denkt nach und resümiert: «In Zeiten der Globalisierung sollte die Schweiz in ihrem Energiehaushalt möglichst autark bleiben. Die Voraussetzungen sind in unserem Land günstig: die Flusskraftwerke im Tiefland, die Speicherkraftwerke in den Bergen. Photovoltaik auf dem Dach, WKK im Keller: Die Unabhängigkeit ist bis zu einem gewissen Grad realisierbar, obwohl ein Anteil Erdgas auch auf weitere Sicht noch dabei sein wird.»

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