Der Feierabend muss warten

«Guete-n-Obig mitenand. Billetkontrolle.» *Marcel Hauser und *Heinz Wenger sind ausgesprochen freundlich. Die Fahrgäste der BDWM reagieren sehr unterschiedlich auf die beiden Sicherheitsmänner. Viele zeigen kaum eine Regung, holen ihr Abo hervor, und das wars. Andere erwidern die Freundlichkeit, reden ein paar Sätze, lächeln. Dann sind da die Eingeschüchterten, die sich ducken, obwohl bei ihnen alles in Ordnung ist. Und schliesslich die ganz Coolen, Beine weit vorgestreckt, sorgfältig gestylte Frise: «Was wottsch, Mann?» Hauser lässt sich nicht provozieren. Und Wenger sagt: «Den habe ich auch schon gesehen. Wenn er allein fährt, ist er ein netter Kerl. Aber wenn die Kollegen dabei sind …» Tatsächlich ist der junge Mann ohne Billett unterwegs. Einen Personalausweis trägt er auch nicht bei sich. Behauptet er wenigstens. Es ist schon das zweite Mal, dass er heute als Schwarzfahrer erwischt wurde.

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Marcel Hauser ist erst seit elf Monaten bei der BDWM. Der gelernte Kondukteur war während 27 Jahren bei der Stadtpolizei Zürich tätig. Die beiden Berufe prädestinieren ihn zum Leiter der Abteilung Stichkontrolle und Sicherheit.

Sicherheit – was fällt alles unter diesen Begriff? «Es geht um Menschen und um Infrastruktur. Unsere Fahrgäste sollen sich sicher fühlen, keinerlei Belästigungen oder gar Angriffen ausgesetzt sein. Dasselbe gilt für unsere Mitarbeiter, also die Lokführer und das Stationspersonal.» – Konkret? – «Betrunkene Fahrgäste, jugendliche Pöbler, enthemmte Personen nach Grossanlässen wie Street Parade, Silvesterzauber oder Fussballspielen. – Wir haben verschiedene Kostgänger. Trotzdem: Solche Vorkommnisse sind extrem selten.»

«Gibt es Vorfälle, die mit einer gewissen Häufigkeit auftreten?»

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Im Wohlen-Meisterschwanden-Bus. Im Fond sitzt ein Mann mittleren Alters. Den Kopf hält er gesenkt. Er hat keinen Fahrausweis. Emotionslos gibt er Auskunft. Die Bussbescheinigung nimmt er ohne Regung entgegen. Irgendwie unheimlich.

Ein distinguierter Herr nimmt mit seinem Gepäck ein ganzes Sitzabteil in Beschlag. Er hat nur ein halbes statt ein ganzes Billet. Verwunderter Gesichtsausdruck. Lange Diskussionen. Umständliches Hin und Her. Es gibt trotzdem eine Busse.

Eine Gruppe von acht Jünglingen, auch sie etwa 15-jährig. Alle haben ein Ticket, nur einer nicht. Er macht keine Anstände, bleibt höflich und verhält sich kooperativ.

Fünf Schwarzfahrer sind es an diesem Abend. Von etwa 250 Kontrollierten. Hauser hat die Statistik im Kopf: «Gegenwärtig sind wir bei 1,59 Prozent aller Fahrgäste. Das ist ein guter Wert. Wir wollen unbedingt unter 2 Prozent bleiben.»

BDWM-Zugverkehrsleiter André Wyssling an seinem Arbeitsplatz in Bremgarten

Videoüberwachung der neuralgischen Stellen: neun von etwa fünf Dutzend Bilder
Alarmanlage in den Bahnwagen: die rote Scheibe zur Seite schieben, darunter den Knopf drücken

Videokamera an der Bahnwagen-Decke

Heinz Wenger auf Billetkontrollgang

Marcel Hauser stellt sich vor einen Schwarzfahrer
Marcel Hauser und Heinz Wenger überprüfen die Identität des Schwarzfahrers

Verschiedenste Präventivmassnahmen dienen einer optimalen Sicherheit. Dazu Hauser: «Da sind zunächst die technischen Vorkehrungen. Videokameras überwachen die Bahnhöfe und die Bahnwagen. Daneben markieren wir Präsenz, vor allem an den Wochenenden. Zivil und uniformiert. Wir sind mit Pfefferspray und Handfesseln ausgerüstet. Es ist äusserst selten, dass wir davon Gebrauch machen. Bei Härtefällen arbeiten wir mit der Polizei zusammen.»

Das Betätigungsfeld der Patrouillen ist breit. Sie achten auf auffällige Menschengruppen, beurteilen die Situation auf den Haltestellen, ahnden Geleiseüberschreitungen. Ein Blick ins öffentliche WC, in den Warteraum auf dem Perron, hinüber zu den Fahrradständern und auf den Parkplatz. Schliesslich die Sicherheit der Anlagen: Keine Vandalenakte? Keine Graffiti? Keine Gegenstände auf den Geleisen? Funktioniert alles ordnungsgemäss? Und warum brennt dort ein Licht?

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Mitternacht ist längst vorbei. Doch der Patrouillendienst dauert an. Er umfasst nicht nur angenehme Aufgaben. Marcel Hauser und Heinz Wenger müssen mit Provokationen und Anpöbeleien rechnen, in seltenen Fällen gar mit Aggressionen. Sie versahen ihren Dienst an diesem Abend mit mustergültiger Freundlichkeit und Korrektheit.

Das Gespräch verebbt. Ein kräftiger Händedruck. Der Zug setzt sich in Bewegung. Die beiden Männer fahren nochmals nach Wohlen, dann zurück nach Bremgarten West und zum Ausgangspunkt in Bremgarten. Alles im Dienste der Fahrgäste. Der Feierabend kann warten.

*Namen der Redaktion bekannt

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Die BDWM beteiligte sich am Swiss Arbeitgeber Award 2016. Die Mitarbeitenden bewerteten die organisatorischen Rahmenbedingungen und gaben Auskunft über ihre persönliche Einstellung zum Unternehmen. In der Kategorie 50–99 Mitarbeitende belegte die BDWM den vierten Rang. Insgesamt hatten sich 151 Unternehmen um die Auszeichnung beworben.

Übrigens: Die BDWM hat offene Lehr- und Arbeitsstellen für Personen, die sich in ein gut funktionierendes Team eingliedern wollen.

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