Und dann ab ins Ausland!

«Mein Lehrbetrieb ist gleich um die Ecke; ich könnte in den Pantoffeln hingehen.» – «Voll cool, ich muss zu Hause nie etwas lernen.» – «Mein Lehrmeister lässt mich in Ruhe; er verlangt kaum etwas von mir.» Wenn sich der berufliche Ehrgeiz auf solche Aussagen reduziert, dann gute Nacht! Ausgeschlafene Jugendliche wählen ihre Lehrstelle nicht nach dem Bequemlichkeits-Prinzip.

Die kaufmännische Ausbildung macht niemand mit links. Sie verlangt den Lernenden viel ab. Aber sie eröffnet ihnen auch spannende Möglichkeiten. Das bestätigt Susanne Mauerhofer. Sie arbeitet in Aarau bei den Beratungsdiensten für Ausbildung und Beruf Aargau. Dort ist sie als Teamleiterin Berufs-, Studien- und Laufbahnberatung tätig. «Das KV ist unter den Jugendlichen absolut angesagt. Übrigens auch bei den Eltern. Denn es ist der Start in eine vielversprechende berufliche Karriere.»

Englisch ist Standard
Frau Mauerhofer, «berufliche Entwicklung» – was meinen Sie konkret damit?
Ich denke an den Zugang zu einem weiten geografischen Raum. Gerade die Grossbetriebe schicken ihre Lehrabgänger gerne ins Ausland, etwa nach England oder in die USA. Für viele Jugendliche eine interessante Perspektive: Ab ins Ausland, sich mit andern Gepflogenheiten zurechtfinden, Sprachkenntnisse vertiefen, den Horizont erweitern, selbständig werden.

Mauerhofer weiss: «Internationale Kontakte finden bei vielen Unternehmen bereits am Computer statt. Das trifft besonders auf exportorientierte Firmen zu oder auf die Tourismus-Branche wie die Hotellerie oder die Reisebüros. Entsprechend hoch ist der Stellenwert fundierter Sprachkenntnisse. Englisch ist Standard. Und Französisch ist dort wichtig, wo Unternehmen gesamtschweizerisch tätig sind.» Mauerhofer verweist ferner auf Grossbetriebe, wo gemischtsprachige Teams zusammenarbeiten. Das kann in der Technologie oder im Energiesektor der Fall sein. Sprachgewandte Mitarbeiter sind gesucht. Und wer seine Sporen im Ausland abverdient hat, der hat ohnehin gute Karten für seine weitere berufliche Entwicklung.

Schulmüde?
Frau Mauerhofer, welche Voraussetzungen sind für eine kaufmännische Ausbildung gefordert?
Schulmüdigkeit ist jedenfalls fehl am Platz, denn die Lernenden müssen ein strenges Berufsschulprogramm absolvieren. Wichtig ist ein breit gefächertes Interesse, das bei sprachlichen und mathematischen Belangen anfängt, aber auch Freude am Organisieren, Strukturieren und Verwalten umfasst. Dazu kommen die branchenspezifischen Anforderungen, die bei einer Bank ganz anders aussehen als in einem Garage-Betrieb. Auch wenn die KV-Lernenden nicht selber Hand anlegen müssen in der Werkstatt, in der Krankenpflege, in der Spedition, im Labor, auf der Baustelle oder wo immer sie tätig sind, so ist eine Affinität zum Betrieb doch unbedingte Voraussetzung.

Susanne Mauerhofer über die Vorteile einer kaufmännischen Ausbildung

Nach wie vor gelten kaufmännische Lehrstellen bei Dienstleistungsfirmen und in der Administration als besonders prestigeträchtig und darum gesucht, also bei Banken, Versicherungen oder bei der öffentlichen Verwaltung. Das Interesse für eine KV-Lehre in einem Technik- oder Handwerksbetrieb ist bei jungen Frauen deutlich geringer. Oft sehen Jugendliche mit Migrationshintergrund gerade hier eine für sie passende Option.

Wie stehen die Chancen, eine kaufmännische Lehrstelle zu finden?
Wenn der Schulabgänger gute Noten hat und eine gewisse Beweglichkeit bezüglich Branche und Arbeitsort, sind die Chancen gut. Am allerwichtigsten ist aber sein motivierter Auftritt, zum Beispiel anlässlich der Schnupperlehre und des Vorstellungsgesprächs.

Einige Zahlen
Der kantonale Lehrstellennachweis veröffentlichte am 19. Dezember 2016 aktuelle Zahlen. Damals waren von insgesamt 576 kaufmännischen Lehrstellen bereits 413 besetzt. Immerhin blieben noch 163 frei. In der öffentlichen Verwaltung waren von 83 Lehrstellen nur noch 8 frei. In der Bankbranche waren alle 72 besetzt. Besser sah es bei «Dienstleistung und Administration» aus; hier waren von 179 KV-Lehrstellen noch 65 frei.

Knapp 30% aller KV-Lehrstellen waren am 19. Dezember noch frei. Dazu der Vergleich mit andern Berufsgruppen: Im Gastgewerbe waren mehr als 50% der Lehrstellen noch zu besetzen. In der Gruppe «Metall und Maschinen» waren noch knapp 65% offen, in der Gebäudetechnik 78% und im Baufach gar 82%, nämlich 92 von 112! Ganz anders sah es bei der Informatik aus. Hier waren von 84 Lehrstellen nur noch 15 frei, also knapp 18%.

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